Brandenburgs Innere Sicherheit

03.10.2018

www.pnn.de/Thorsten Metzner

Elektronische Fußfesseln für Terror-Verdächtige, Schleierfahndungen in ganz Brandenburg, verdeckte Online-Fahndung auf Computern von Verdächtigen: Die Union im Landtag legte jetzt einen eigenen Entwurf für ein neues Polizeigesetz vor - und ist damit schneller als die rot-rote Regierungskoalition.

Brandenburgs CDU-Opposition will der Polizei mehr Befugnisse geben - etwa zu verdeckten Online-Durchsuchungen auf Computern von Verdächtigen, die Schleierfahndung im ganzen Land, mehr Videoüberwachung. Die Unions-Fraktion im Landtag hat dafür jetzt einen eigenen Entwurf für die Verschärfung des Landespolizeigesetzes präsentiert, nachdem Rot-Rot eine seit langem überfällige Novelle wegen innerer Konflikte mehrfach verschoben hat. Nachdem sich SPD und Linke nach langen Auseinandersetzungen inzwischen politisch auf einen Kompromiss einigten, ist der Regierungsentwurf von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) für November angekündigt worden. WERBUNG "Wir legen den Gesetzentwurf vor, den der Innenminister auch gern hätte. Darf er aber nicht, weil die Linke das Notwendige blockiert und die SPD sich nicht durchsetzen kann", sagte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben. "Die SPD hat die Innere Sicherheit ein Stück auf dem Koalitionsaltar geopfert. Wir wollen, dass die Polizei in Brandenburg mit der Zeit gehen, Verbrecher nicht nur analog, sondern auch digital bekämpfen kann." Und: "Für uns bleiben die Polizisten die Guten. Und sie brauchen ein anderes Handwerkszeug." Dafür soll nach dem detailreichen CDU-Entwurf, 79 Seiten stark plus 8 Seiten Begründung, etwa die Polizei die Computer und Festplatten von Verdächtigen - bei schweren Delikten wie etwa Organisierter Kriminalität - auch verdeckt online durchsuchen dürfen. Dies sahen auch die ursprünglichen Pläne von Schröter vor. Nach Veto der Linken und Kritik von Datenschützern war dies im rot-roten Koalitionsausschuss ebenso gestrichen worden wie die Einführung der elektronischen Fußfessel für Terror-Gefährder, obwohl sich für die elektronische Fußfessel in der Vergangenheit sogar Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) öffentlich ausgesprochen hatte. Bedenken, dass etwa mit der Online-Durchsuchung zu stark in Grundrechte eingegriffen werde, ein Überwachungsstaat drohe, wies der CDU-Innenpolitiker Björn Lakenmacher zurück. Um diese Mittel anwenden zu dürfen,werde eine Richtererlaubnis nötig sein. "Wir wahren Maß und Mitte." Man habe auch die neue EU-Datenschutzverordnung in das Gesetz eingearbeitet. Der Katalog der CDU entspricht weitestgehend den Forderungen der Polizei und ihrer Gewerkschaften. So will die CDU durchsetzen, dass die bisher nur an einigen Plätzen - wie am Potsdamer Hauptbahnhof - zulässige Videoüberwachung öffentlicher Plätze in Brandenburg deutlich ausgeweitet werden darf, und dass die Aufzeichnungen nicht nur 24 Stunden, sondern einen Monat gespeichert werden dürfen. Bei der "Schleierfahndung" geht es um verdachtsunabhängige Fahrzeug-Kontrollen, und zwar nicht zur Verkehrsüberwachung, sondern zur Kriminalitätsbekämpfung, die nach Auffassung der CDU überall im Land möglich sein muss. Die Landesregierung hält solche Kontrollen im Grenzgebiet und auf Autobahnen und wichtigen Transitbundesstraßen für ausreichend. Den Vorwurf, ein "bayerisches" Polizeigesetz vorgelegt zu haben, wies Jan Redmann, der parlamentarische CDU-Geschäftsführer mit diesem Beispiel zurück: In Bayern sei der Polizei erlaubt, Verdächtige drei Monate präventiv in Gewahrsam zu nehmen, der Gesetzentwurf für Brandenburg sehe einen Monat vor. Die ersten Reaktionen auf die CDU-Pläne fielen kritisch aus, jedenfalls von der politischen Konkurrenz. „Wir halten bereits die Vorschläge von SPD-Innenminister Karl-Heinz Schröter zur Verschärfung des Polizeigesetzes für völlig überzogen", sagte Ursula Nonnemacher, die Fraktionschefin und Innenexpertin der Grünen. Der CDU-Entwurf gehe gehe nochmals darüber hinaus und orientiere sich ganz offenkundig am höchst umstrittenen bayerischen Polizeiaufgabengesetz, gegen das es massive öffentliche Proteste gegeben habe und Verfassungsbeschwerden eingereicht seien. "Könnte sich die CDU mit Vorschlägen wie der vermeintlich intelligenten Videoüberwachung, der Onlinedurchsuchungen oder der landesweiten Schleierfahndung durchsetzen, wären Grundrechte erheblich in Gefahr“, warnte Nonnemacher. Ähnlich äußerte sich Hans Jürgen Scharfenberg, der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag. Elektronische Fußfesseln und Onlinedurchsuchungen hätten in Brandenburg nichts zu suchen, sagte er. (mit dpa)